Kameras mit wahnsinnig hohen Pixelzahlen sind nicht mehr ausschließlich Flaggschiff-Handys vorbehalten. Das bewies die Xiaomi-Submarke Redmi mit der Vorstellung des Note 12 Pro+ auf heimischem Boden Ende letzten Jahres. Neben einem 200-Megapixel-Schnappschuss zu einem vernünftigen Preis bietet es eine Schnellladefunktion und einen großen OLED-Bildschirm. Nachdem es Anfang 2023 in Indien auf den Markt kommt, ist es nun an der Zeit, dass Europa und Großbritannien nachziehen.
Aber viele Pixel nützen nicht viel, wenn die Verarbeitung nicht stimmt, und viele Konkurrenten in der Mittelklasse konnten mit weniger hervorragende Fotos machen.
Design und Verarbeitung: Fantastischer Kunststoff

Dass das Note 12 Pro+ für seinen Mittelrahmen Polycarbonat statt Metall verwendet, wird niemanden schockieren – es ist schließlich ein Mittelklasse-Handy – aber die Tatsache, dass die Rückseite aus Glas besteht, schon. Sie fühlt sich kühl an und die dezent geschwungenen Kanten vermitteln eine hochwertige Atmosphäre, die man bei manchen Konkurrenten nicht findet. Unser weißes Testgerät konnte trotz der glänzenden Oberfläche Fingerabdrücke gut verbergen, aber Xiaomi muss sich etwas anderes einfallen lassen, um die störenden CE-Informationen unterzubringen.
Auf der Rückseite gibt es kaum Ähnlichkeiten mit früheren Redmi Note-Handys (ernsthaft, wie können so viele Handys mit dem gleichen Namen so viele verschiedene Kamerabuckel haben), aber das gefräste Metallmodul, das die drei Kameras des Note 12 Pro+ hält, ist angenehm minimalistisch.
Mit seinem 6,67-Zoll-Bildschirm ist es ein ziemlich großes Handy, aber dank der abgerundeten Rückseite liegt es gut in der Hand, und der in den Ein-/Ausschalter integrierte Fingerabdrucksensor ist sowohl für Links- als auch für Rechtshänder gut platziert.
Dass dieser nicht unter dem Display versteckt ist, lässt sich bei einem Mittelklassegerät gerade noch verzeihen, zumal Redmi auch sonst nicht geizt: Man bekommt einen IR-Blaster zur Steuerung anderer elektronischer Geräte, Spritzwasserschutz nach IP53 und einen echten 3,5-mm-Kopfhöreranschluss. Zwar schafft es der per microSD-Karte erweiterbare Speicher nicht in die engere Auswahl, ansonsten gibt es aber wenig zu meckern.
Display und Sound: Bunt muss es sein

Das Note 12 Pro+ nutzt ein flexibles OLED-Display – nicht etwa, weil es sich heimlich um ein Klapphandy handelt, sondern um die Bildschirmränder in Schach zu halten. Die sind nämlich angenehm dünn und zudem symmetrisch. Ansonsten ist es allen, die das letztjährige Note 11 Pro benutzt haben, vertraut, mit einer Auflösung von 2400×1080, was für diesen Preis ziemlich normal ist. Es ist scharf genug, um kleinen Text klar darzustellen und viele Details in Bildern zu zeigen.
Liebhaber einer flüssigen Darstellung werden die Bildwiederholfrequenz von 120 Hz zu schätzen wissen, die erstmals über einen adaptiven Modus verfügt. Musste man sich beim Vorgängermodell noch zwischen stromsparenden 60 Hz und seidenweichen 120 Hz entscheiden, schaltet das Handy hier je nach Bildschirmgeschehen automatisch zwischen beiden um. Hier kommt zwar keine ausgeklügelte LTPO-Technologie zum Einsatz, so dass nur zwischen den beiden Einstellungen umgeschaltet werden kann und manche Apps anscheinend nicht die vollen 120 Hz ausnutzen, aber wir freuen uns trotzdem, dass es diese Option überhaupt gibt.
Sowohl HDR10+ als auch Dolby Vision werden unterstützt, aber glauben Sie nicht, dass Sie jedes Mal, wenn Sie Netflix starten, nach Ihrer Sonnenbrille greifen müssen. Das Panel erreicht maximal 900 Nits, und das auch nur im Freien bei hellem Licht. Das ist selbst für Mittelklasse-Handys durchschnittlich. Dank der ausgezeichneten Blickwinkel ist es selten schwierig, das Display bei Sonnenlicht zu sehen, aber die Helligkeit bleibt ein Schwachpunkt.
Die Farben sind ausreichend lebhaft, zumindest mit satten, aber realistischen Tönen in der Standardeinstellung Vivid. Man kann sich für die maximale Sättigung entscheiden, wenn man dies vorzieht, oder die volle Kontrolle mit einer Auswahl an P3- und sRGB-Farbräumen, individuellen Rot-, Grün- und Blaureglern, einem kompletten Farbtemperaturrad und sogar separaten Kontrast- und Gammaeinstellungen übernehmen. Die Bildschirmeinstellungen sind ein Traum für Bastler.
Es gibt Stereoton, in der typischen Konfiguration mit nach unten gerichtetem Lautsprecher und Hochtöner in der Hörmuschel. Die Lautstärke ist angemessen und es gibt die Klarheit im Mitteltonbereich, die wir beim Ansehen von YouTube-Videos oder beim Hören von Podcasts erwarten, ohne zu Kopfhörern greifen zu müssen. Von den Bässen sollte man nicht zu viel erwarten.
Kameras: Pixelpower

Das Note 12 Pro+ ist nicht das erste Xiaomi-Handy mit einem 200-Megapixel-Kamerasensor – das war das Xiaomi 12T Pro, das wir Ende letzten Jahres getestet haben. Die Ausstattung ist hier sehr ähnlich, bis hin zu den 8-Megapixel-Ultraweitwinkel- und 2-Megapixel-Makroobjektiven – der größte Hinweis darauf, dass es sich um ein bescheideneres Modell als ein vollwertiges Flaggschiff handelt.
Letzteres ist ein eher mittelmäßiges Objektiv mit kurzer Naheinstellgrenze, um ganz nah an das Motiv heranzukommen, aber die Qualität ist deutlich schlechter als beim Ultraweitwinkel, das auch in puncto Detailtreue nicht mit dem Hauptobjektiv mithalten kann. Die Ergebnisse sind bei gutem Licht durchwachsen und bei Nacht überhaupt nicht zu gebrauchen. Wenigstens hat Redmi auf die Tiefensensorlinse des Vorgängers Note 11 Pro verzichtet, die nichts konnte, was nicht auch mit einigen Softwaretricks möglich gewesen wäre.
Bei guten Lichtverhältnissen kann man vom Hauptsensor viele Details, kräftige Farben und einen großen Dynamikumfang erwarten. Selbst weit entfernte Motive werden gut aufgelöst und kontrastreicher behandelt als bei einigen Konkurrenten, die ein optisch ansprechendes Bild dem totalen Realismus vorziehen. Es ist schön zu sehen, dass das Hauptobjektiv auch als 2fach optischer Zoom fungiert, indem es seinen Sensor zuschneidet, so dass man näher an das Motiv herankommt, ohne wichtige Details zu verlieren.
RAW-Aufnahmen sind hier nicht zu empfehlen, und obwohl man Fotos mit vollen 200 Megapixeln aufnehmen kann, bringt das außer riesigen Dateigrößen kaum Vorteile. Der 4:1 Ultra HD Modus ist die bessere Wahl, da er mit 50 MP etwas mehr Details erhält, als in den nativen 12,5 MP Binning-Aufnahmen sichtbar sind.



Nachts reagiert die Kamera-App recht schnell und der spezielle Low-Light-Modus hilft, verwackelte Schnappschüsse zu vermeiden. Das Bildrauschen verschwindet jedoch nicht vollständig und obwohl die Farben akkurat bleiben, kann es bei schlechten Lichtverhältnissen etwas länger dauern, bis Motive scharf gestellt sind, als uns lieb ist. Das Google Pixel 6a ist immer noch der König der schlechten Lichtverhältnisse in diesem Preissegment, aber wenn man bedenkt, dass das Xiaomi 12T Pro 699 Pfund weniger kostet als noch vor zwölf Monaten, ist eine fast identische Leistung für weniger Geld definitiv zu begrüßen.
Wie wir es von der Marke gewohnt sind, ist der Beauty-Modus zur Gesichtsglättung standardmäßig aktiviert, wenn man zur 16-Megapixel-Selfie-Kamera wechselt. Er lässt sich leicht ausschalten und speichert die Einstellungen für später, aber die ersten Bilder sehen ziemlich plastisch und künstlich aus, wenn man vergisst, ihn von Anfang an auszuschalten.
Leistung und Software: bleibt auf Kurs

Die MediaTek Dimensity 1080 CPU, die das Note 12 Pro+ antreibt, mag neu klingen, aber der Octa-Core-Chip unterscheidet sich kaum vom Dimensity 920, der in den chinesischen Versionen des auslaufenden Redmi Note 11 Pro zu finden ist. Er unterstützt jetzt Kamerasensoren mit 200 Megapixeln (was wichtig ist, da dies der eigentliche Zweck dieses Telefons ist) und ist ein bisschen schneller, aber das ist auch schon alles.
Dennoch ist es kein schlechter Mittelklasse-Chip und die 8 GB RAM, mit denen er standardmäßig ausgestattet ist, sollten für den typischen Gebrauch ausreichen. Es gibt eine Version mit 12 GB RAM, wenn man es sich leisten kann, aber beide haben 256 GB integrierten Speicher. Wir hatten keine Probleme beim Blättern durch die Android-Startbildschirme, beim Öffnen von Anwendungen oder beim Laden von Webseiten, auch wenn man im Vergleich zu einem teureren Gerät einen Bruchteil länger warten muss, bis die Bildschirmtastatur erscheint, und die Animationen manchmal nicht ganz flüssig sind, wenn man schnell zwischen mehreren Anwendungen hin- und herwechselt.
Die Leistung reicht für Gelegenheitsspiele und 2D-Titel aus, aber während 3D-Spiele ohne größere Probleme laufen, können die Bildraten nicht mit denen ähnlich teurer Handys mit Snapdragon-Prozessor mithalten. Man sollte die Detaileinstellungen reduzieren, um ein flüssigeres Erlebnis zu erhalten.
Es ist schade, dass das Note 12 Pro+ mit Android 12 läuft, da die neueste Version des Betriebssystems bereits seit fast einem Jahr auf dem Markt ist. Dafür bekommt man aber die neueste Benutzeroberfläche MIUI 14 von Xiaomi. Die wenigen iOS-ähnlichen Ergänzungen, darunter geteilte Schnelleinstellungen und Benachrichtigungs-Pulldowns auf dem Startbildschirm, könnten eingefleischte Android-Nutzer abschrecken, aber ansonsten ist die Navigation einfach genug.
Aber Redmi hat es nicht nur mit Bloatware vollgestopft. Wir haben 14 Apps und Spiele gezählt, die direkt nach dem Auspacken wieder gelöscht werden können. Unser Testgerät war zwar für den europäischen Markt bestimmt (der zweipolige Netzstecker in der Verpackung war ein klares Indiz dafür), aber das heißt nicht, dass das auch für britische Handys gilt. Trotzdem ist es frustrierend, wenn man sein nagelneues Gerät erst einmal aufräumen muss.
Akkulaufzeit: Wir übernehmen das Ruder
Ein Mittelklasse-Prozessor, ein 5000-mAh-Akku und ein 120-W-Ladegerät sind eine starke Kombination, die dafür sorgt, dass das Redmi Note 12 Pro+ eine sehr respektable Zeit ohne Netzstrom auskommt und nur wenig Zeit zum Aufladen benötigt, sobald es an das Stromnetz angeschlossen ist.
Es ist nicht das langlebigste Telefon, das wir in dieser Preisklasse getestet haben, und wir haben zum Zeitpunkt des Schreibens nur wenige Ladezyklen durchgeführt, sodass es sich wahrscheinlich an unsere Nutzungsgewohnheiten anpassen und zwischen den Ladevorgängen etwas mehr Saft herausholen wird. Aber schon jetzt hält es bei typischer Nutzung einen ganzen Tag durch und hat genug Reserven für den nächsten Morgen. Wenn man viel spielt oder viele 4K-Videos aufnimmt, wird die Akkulaufzeit kürzer, aber sie sollte immer noch vom Frühstück bis zum Schlafengehen reichen.
Im Auslieferungszustand zieht das Telefon nicht die vollen 120 W aus dem mitgelieferten Netzteil. Sie müssen erst den Boost-Modus im Einstellungsmenü aktivieren, aber wenn Sie das getan haben, dauert eine vollständige Ladung von leer auf voll etwas weniger als 25 Minuten. Das entspricht der Leistung von deutlich teureren Top-Handys wie dem Xiaomi 13 Pro des Mutterkonzerns Xiaomi.
Hier gibt es kein kabelloses Aufladen, aber das ist angesichts des Preises keine große Überraschung.
Redmi Note 12 Pro vs. Pro+: Was ist der Unterschied?
Bei den meisten Handyherstellern steht ein Plus im Namen für ein größeres Display – nicht so hier. Sowohl das Redmi Note 12 Pro als auch das Note 12 Pro+ sind mit 6,67-Zoll-Displays ausgestattet, die sich in Paneltechnologie, Auflösung und Bildwiederholrate gleichen.
Die Unterschiede im Design beschränken sich auf die Rückseite. Während das Pro-Modell völlig flach ist, hat das Pro+-Modell leicht geschwungene Kanten, die unserer Meinung nach besser in der Hand liegen. Es gibt also nicht wirklich einen großen Unterschied. Beide sind sogar in den gleichen Farben erhältlich.
Die zugrunde liegende Hardware sorgt für etwas mehr Abwechslung. Beide sind mit MediaTek Dimensity 1080 CPUs ausgestattet, das Pro beginnt mit 6 GB RAM und 128 GB Onboard-Speicher, das Pro+ hat standardmäßig 8 GB und 256 GB. Es unterstützt auch schnelleres kabelgebundenes Laden mit 120 W, während das Pro bei 67 W seine Obergrenze erreicht.
Die größten Veränderungen gibt es bei der Kamera. Der 200-Megapixel-Hauptsensor ist exklusiv für das Note 12 Pro+ erhältlich, während das Note 12 Pro stattdessen einen 50-Megapixel-Sensor erhält. Beide verfügen über einen optischen Bildstabilisator und einen Phasendetektionsautofokus, aber das High-End-Handy hat eine größere Blende von f/1,7 gegenüber f/1,9 beim Pro.
Redmi Note 12 Pro+

Die Handys von Redmi sind regelmäßig vollgestopft mit Hardware, die man anderswo für das gleiche Geld nicht bekommt. Das Note 12 Pro+ mit seiner 200 Megapixel Hauptkamera ist da keine Ausnahme. Ein großer Akku, schnelle Ladezeiten und ein helles OLED-Display sind bei Handys der Mittelklasse keine Seltenheit, aber dieses Gerät ist in Sachen Pixelzahl kaum zu übertreffen.
Diese kann es jedoch nicht vollständig in qualitativ hochwertige Schnappschüsse umsetzen, da die Bilder bei schlechten Lichtverhältnissen noch Rauschen aufweisen und die Verarbeitung nur einen Schritt hinter den Besten seiner Klasse liegt. Konkurrenten wie das Google Pixel 6a, das Nothing Phone 1 und das Samsung Galaxy A54 haben sicherlich eine ausgewogenere Sensorausstattung – und die ersten beiden sind auch erschwinglicher. Die Leistung ist für ein Mittelklasse-Handy angemessen, aber die Ausstattung mit einer veralteten Android-Version ist etwas enttäuschend.
Allerdings sind Handys dieser Art selten kompromisslos. Wenn man mit einem großen Hauptkamerasensor zufrieden ist, kann das ausreichen, um über die Nachteile hinwegzusehen.