Mit dem Wave Pro bringt EarFun seinen ersten Over-Ear-Kopfhörer auf den Markt! Das ist spannend, denn die In-Ear-Modelle des Herstellers konnten in unserem Test durchaus überzeugen. Die Frage ist: Schaffen die Audio-Experten auch den Sprung zum “richtigen” Kopfhörer? Genau dieser Frage gehen wir im nextpit-Test des Earfun Wave Pro nach!
Fazit & Kauf
Kurz und knapp: Kein Konkurrent bietet eine bessere Klangqualität dank LDAC und eine längere Akkulaufzeit (80 Stunden!) für weniger als 80 Euro. Wer einen guten, günstigen Kopfhörer sucht und mit gelegentlichen Verbindungsproblemen leben kann, ist mit dem EarFun Wave Pro bestens bedient. Die Kopfhörer sind auch regelmäßig zu einem günstigeren Preis erhältlich.
Design und Verarbeitung
Der Wave Pro kommt als klassischer Over-Ear-Kopfhörer auf den Markt. Das bedeutet, dass sie die Ohren beim Musikhören vollständig umschließen und so Umgebungsgeräusche auf natürliche Weise ausblenden. Mit einem Gewicht von 268 Gramm sind die Kopfhörer nicht übermäßig schwer, allerdings muss man auf eine IP-Zertifizierung verzichten. Wer aber gerne mit Kopfhörern unterwegs ist, bekommt eine Tragetasche gratis dazu.
Vorteile:
- Guter Tragekomfort durch weiche Lederpolster.
- “Echte” Tasten statt Touch-Oberfläche.
- USB-C- und 3,5-mm-Klinkenanschluss.
Nachteile:
- Keine IP-Zertifizierung.
- Bedienung recht fehleranfällig.
- Ohrmuscheln klappen in die falsche Richtung.
Insgesamt ist die Materialauswahl beim Wave Pro weniger hochwertig als bei den genannten High-End-Kopfhörern. EarFun setzt beim Gehäuse durchgängig auf Kunststoff, während die Ohrmuscheln laut Hersteller aus “Proteinleder” gefertigt sind. Damit meint der Hersteller mit ziemlicher Sicherheit ein veganes Lederimitat, das sich auch bei längerem Tragen angenehm anfühlt.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Kopfhörer für 80 Dollar können durchaus aus Kunststoff sein. Allerdings hätte ich mir für eine bessere Haltbarkeit Metall gewünscht, zumindest für die Scharniere der klappbaren Ohrmuscheln.
Womit wir bei zwei wichtigen Punkten wären: Zum einen lässt sich das Headset dank der drehbaren Ohrmuscheln bequem zusammenklappen und in der mitgelieferten Tasche verstauen. Diese ist klein genug, um zum Beispiel in einem Rucksack oder einer großen Handtasche zu verschwinden. Der zweite wichtige Punkt ist die Haltbarkeit – denn der EarFun hat keine IP-Zertifizierung, ist also nicht spritzwasser- und staubgeschützt. Bei starkem Regen würde ich den EarFun Wave Pro nicht benutzen.
Außerdem kehrt EarFun beim Zusammenklappen die Drehrichtung der Muscheln um. Wenn man den Kopfhörer abnimmt und um den Hals trägt, drehen sich die Ohrmuscheln nicht mit. Das Scharnier dreht sich in die entgegengesetzte Richtung, so dass man die Kopfhörer nicht wie bei anderen Modellen “abrollen” kann, was zumindest für mich etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Auch die Knöpfe sind gewöhnungsbedürftig. Während die In-Ear-Kopfhörer von EarFun einfach zu bedienen waren, komme ich mit dem Wave Pro auch nach mehreren Tagen noch nicht ganz klar. Ein langer Druck auf den Einschaltknopf schaltet den Kopfhörer ein, ein langer Druck schaltet ihn wieder aus.
Gleichzeitig funktioniert das Anschließen neuer Geräte durch dreimaliges Drücken der gleichen Taste, und ich habe mich oft dabei ertappt, dass ich den Kopfhörer immer wieder ein- und ausschalten musste, wenn ich ihn anschließen wollte.
Das ist schade, denn die Bedienung des Headsets ist eigentlich ganz gut. Ich finde es gut, dass der Hersteller auf “richtige” Knöpfe und nicht auf berührungsempfindliche Oberflächen gesetzt hat. Auch die einfache Belegung mit einer Rauschunterdrückungstaste und einer Lautstärkewippe ist eine gute Lösung. Positiv ist auch, dass ein USB-C-Anschluss und eine 3,5 mm Klinkenbuchse vorhanden sind.
App & Komfortfunktionen
EarFun liefert den Wave Pro mit der EarFun App aus. Dort kann man die ANC steuern, findet einen leistungsfähigen 10-Band-Equalizer und hat die Möglichkeit, zwei Geräte gleichzeitig zu verbinden. Diese Funktion ist jedoch nicht verfügbar, wenn man das Beste aus dem Wave Pro herausholen möchte.
Vorteile:
- Viele Steuerungsmöglichkeiten in der App.
- Guter 10-Band-Equalizer.
- Duales Pairing möglich.
Nachteile:
- Gelegentliche Verbindungsprobleme.
Dual Pairing ist nicht möglich, wenn der LDAC-Codec aktiviert ist.
Die EarFun-Kopfhörer können alle über dieselbe App gesteuert werden. Die EarFun-App ist klar strukturiert und bietet im Vergleich zu den Apps anderer Hersteller überraschend viele Funktionen. So kann man einen 10-Band-Equalizer einstellen, zwischen verschiedenen ANC-Modi wechseln, die angeschlossenen Geräte verwalten und sogar die Kopfhörersteuerung anpassen.
Außerdem gibt es einen “Gaming-Modus”, mit dem die Latenz des Kopfhörers reduziert werden kann. Das kann nützlich sein, wenn man einen Film anschaut oder Spiele spielt, bei denen der Ton nicht verzögert werden soll.
An dieser Stelle muss ich auch auf die Verbindungsprobleme des Kopfhörers hinweisen. Obwohl ich die neueste Firmware benutze, kommt es hin und wieder vor, dass ich die Kopfhörer ohne ersichtlichen Grund erneut mit dem Gerät verbinden muss. Während des Testzeitraums ist es auch mehrmals vorgekommen, dass die Kopfhörer zunächst als verbunden angezeigt wurden, dann aber beim Starten der Musik wieder getrennt wurden. Ich hoffe, dass EarFun dies mit einem zukünftigen Software-Update verbessern kann.
Klangqualität & ANC
Der Wave Pro verwendet 40 mm Karbontreiber für den Sound, die einen breiten Frequenzgang von 40 kHz bieten sollen. Eine Besonderheit des Kopfhörers ist die Unterstützung des hochwertigen LDAC-Bluetooth-Codecs, alternativ kann der Kopfhörer auch per Kabel genutzt werden.
Die ANC lässt sich in verschiedenen Stufen regeln, auch ein Transparenzmodus ist an Bord.
Vorteile:
- Breiter Frequenzgang von 40 KHz.
- LDAC-Unterstützung und Hi-Res-Zertifikat.
- Solide ANC für den Preis.
Nachteile:
- Ohne LDAC ist der Klang nicht so überzeugend.
- ANC verändert den Equalizer ziemlich stark.
- LDAC ist nicht verfügbar, wenn man Multi-Pairing nutzen möchte.
Wie der EarFun Free Pro 3 kann auch der Wave Pro als ein Versuch gesehen werden, die bestmögliche Klangqualität zu einem niedrigen Preis anzubieten. Mit LDAC und vielversprechenden Treibern hat der Hersteller die richtigen Voraussetzungen für hochwertigen Musikgenuss integriert. Bei den Treibern handelt es sich um 40-mm-Karbonmembranen, die einen besonders hohen Frequenzgang von 40 kHz abdecken sollen.
Dieser beschreibt den Frequenzbereich, in dem die Treiber Signale verarbeiten können. Auch wenn EarFun den Frequenzgang nicht genau angibt, ist der Frequenzgang von 40 kHz überdurchschnittlich hoch. Theoretisch erreichen die Treiber also besonders tiefe Bässe und besonders hohe Höhen.
Mit der LDAC-Unterstützung bieten die Wave Pro auch die nötigen Voraussetzungen für den Bluetooth-Codec. Der Audio-Codec von Sony ist deutlich höher aufgelöst als der Standard-SBC-Codec und der von Apple verwendete AAC-Codec. Gleichzeitig wird er von den meisten Android-Smartphones unterstützt – Apple-Geräte sind vom hochwertigen Musikgenuss leider komplett ausgeschlossen. Durch die LDAC-Unterstützung erhält der Wave Pro auch die Hi-Res-Zertifizierung. In dieser Preisklasse eine Seltenheit.
Mit aktiviertem LDAC ist der Wave Pro ein wirklich guter Kopfhörer. Dank des integrierten 10-Band-Equalizers kann der Klang ausreichend angepasst werden, um die Charakteristika verschiedener Genres hervorzuheben. Beeindruckt hat mich auch die Auflösung der einzelnen Musikinstrumente bei komplexeren Songs. Bei basslastigen Songs ist mir allerdings ein leichtes Clipping bei hohen Lautstärken aufgefallen. Die Bässe sind zwar kräftig, aber sehr tiefe Töne wirken etwas unpräzise.
Diese positiven Eindrücke werden auch geschmälert, wenn ich von einem Android-Gerät auf mein iPhone wechsle und damit die Vorteile des LDAC-Codecs verliere. Oder wenn ich den Kopfhörer per Dual Pairing mit zwei Geräten nutzen möchte – LDAC und Dual Pairing sind mit dem EarFun Free Pro 3 durchaus möglich.
Ohne LDAC wird das Klangbild deutlich “schmaler” und die Auflösung der Instrumente nimmt deutlich ab. Natürlich sind diese Unterschiede technisch bedingt, aber einen so deutlichen Unterschied hätte ich nicht erwartet.
Das Gleiche gilt leider auch für den kabelgebundenen Betrieb per Klinke. Denn der Wave Pro schaltet sich beim Einstecken des Klinkenkabels ab, arbeitet also nur passiv. Ohne den DAC ist der Klang viel dünner und mein vorkonfigurierter Equalizer funktioniert nicht mehr. Andere Hersteller lösen dieses Problem besser, indem sie sowohl passiven als auch aktiven Betrieb ermöglichen.
Was mich im Test wirklich positiv überrascht hat, ist die integrierte ANC. Die aktive Unterdrückung von Umgebungsgeräuschen lässt sich nicht nur in verschiedenen Stufen einstellen, sondern ist auch wirklich effizient, wenn man sie auf Maximum dreht. Und während bei den In-Ear-Kopfhörern von EarFun mit ANC noch viel Rauschen und Störgeräusche zu hören sind, klingt das ANC bei den Over-Ear-Kopfhörern angenehm leise.
Was EarFun bei zukünftigen Modellen noch lösen muss, ist die Veränderung des Klangs der abgespielten Musik, wenn ANC aktiviert ist. Schalte ich von “Normal” auf “Starke Geräuschunterdrückung”, wird der Bass deutlich angehoben. Das ist ärgerlich, denn dann muss man entweder mit dem Equalizer gegensteuern oder auf ANC verzichten.
Last but not least: Im EarFun sind fünf Mikrofone verbaut, die mit KI-Unterstützung für besonders klare Gespräche sorgen sollen. Im Test bestätigte der Gesprächspartner den guten Klang und bewertete die Gesprächsqualität mit 7/10 Punkten. Ich selbst konnte meinen Gesprächspartner über die Kopfhörer perfekt verstehen.
Akku und Aufladen
Während es in allen anderen Kategorien kleinere Kritikpunkte gab, konnte der EarFun Wave Pro bei der Akkulaufzeit punkten. Mit satten 80 Stunden maximaler Akkulaufzeit übertrifft der EarFun alle Konkurrenten. Gleichzeitig profitiert man laut Hersteller von einer effizienten Schnellladung, die zehn Stunden Musikwiedergabe in zehn Minuten ermöglichen soll.
Die Vorteile:
- Hervorragende Akkulaufzeit.
- Effizientes Schnellladen.
Nachteile:
- –
Laut EarFun erreichen die Wave Pro eine Akkulaufzeit von bis zu 80 Stunden. Das sind drei volle Tage und ein ganzer Arbeitstag, was im Alltag mit den Kopfhörern wirklich praktisch ist.
Aufgrund der extrem langen Akkulaufzeiten konnten wir nicht wirklich herausfinden, wie sich die Nutzung mit und ohne ANC auf die Akkulaufzeit der Wave Pro auswirkt. Laut Hersteller sinkt die Laufzeit bei eingeschalteter ANC auf 55 Stunden, was immer noch ausreichend ist. Um das Verhältnis zwischen ANC an und ANC aus zu testen, müssten wir den Kopfhörer über mehrere Wochen in Testszenarien betreiben. Bei regelmäßiger Nutzung mit und ohne ANC während der Arbeit zeigt der Akkustand in der EarFun-App auch nach zwei Tagen noch 90 Prozent an.
Glücklicherweise schickte uns EarFun den Kopfhörer fast leer zurück, so dass wir die integrierte Schnellladefunktion testen konnten. Mit einem 30-Watt-Netzteil konnten wir den Kopfhörer nach fünf Minuten Ladezeit rund drei Stunden nutzen. Zehn Stunden in zehn Minuten sind also durchaus realistisch, wenn man ein stärkeres Netzteil verwendet. Für das vollständige Aufladen des 800-mAh-Akkus sollte man zwei Stunden einplanen.
Fazit
Wenn man den EarFun Wave Pro im Alltag benutzt, vergisst man manchmal, dass er laut UVP nur 80 Dollar kostet. Die Klangqualität mit aktiviertem LDAC ist auf Augenhöhe mit deutlich teureren Modellen, der Tragekomfort ist auch über mehrere Stunden angenehm und mit einer Akkulaufzeit von bis zu 80 Stunden steckt EarFun alle Konkurrenten in die Tasche.
Benutzt man den Wave Pro allerdings ohne LDAC oder kabelgebunden, fällt die Klangqualität etwas zu stark ab. Gleichzeitig hatte ich während des Tests immer wieder mit Verbindungsproblemen zu kämpfen, die das Nutzungserlebnis beeinträchtigten. Hier und bei einigen anderen kleineren Problemen macht sich bemerkbar, dass der Wave Pro ein günstiger Kopfhörer ist.
Das ist aber keineswegs ein Nachteil, und insgesamt ist der erste Over-Ear-Kopfhörer von EarFun ein wirklich erstaunlicher Kopfhörer. Eine bessere Klangqualität (mit Android-Geräten), eine bessere ANC und eine längere Akkulaufzeit für 80 Dollar findet man sonst nirgendwo.