Seit der Einführung des RF-Bajonetts im Jahr 2018 hat Canon 20 Kameras auf den Markt gebracht. In einem wichtigen Marktsegment gab es jedoch eine große Lücke: Vlogging. Diese Lücke hat das Unternehmen nun mit der Einführung der 700 US-Dollar teuren R50 V geschlossen. Sie richtet sich an Kreative mit kleinem Budget und soll es mit der Sony ZV-E10 II aufnehmen.
Die R50 V verfügt über denselben 24-Megapixel-APS-C-Sensor wie die R50, bietet jedoch zusätzlich vloggingfreundliche Funktionen wie 4K-60p-Video, C-Log3 für einen erweiterten Dynamikumfang, eine Livestreaming-Taste und einen seitlichen Stativanschluss für vertikale Videos. Sie ist günstiger als die 1 100 US-Dollar teure ZV-E10 II und sogar etwas günstiger als die ältere ZV-E10. Nach einigen ausgiebigen Tests stellte ich jedoch fest, dass ihr im Vergleich zu den Sony-Konkurrenten einige wichtige Funktionen fehlen, insbesondere solche, die das Vlogging für Anfänger erleichtern.
Design und Handhabung

Wie andere Vlogging-Kameras ist auch die R50 V sowohl in Bezug auf die Größe als auch auf die Bedienelemente stark reduziert. Sie hat ein Gehäuse aus Polycarbonat statt aus Metall. Das verringert zwar die Robustheit und Wetterfestigkeit, sorgt aber mit nur 323 Gramm für ein geringes Gewicht. Der Griff ist ebenfalls kleiner, weshalb sie sich nicht ideal für große Objektive eignet.
Eine wichtige Funktion, die der R50 fehlt, ist ein elektronischer Sucher. Das ist auch bei der ZV-E10 II der Fall. Das Fehlen eines Suchers kann jedoch Aufnahmen bei hellem Sonnenlicht erschweren. Hinzu kommt, dass das hintere Display eine geringe Auflösung hat und nicht besonders hell ist. Allerdings ist es für Vlogger vollständig schwenk- und umklappbar.
Die R50 V ist für die Steuerung über den Touchscreen konzipiert und verfügt daher über weniger manuelle Bedienelemente als andere spiegellose Canon-Modelle. Zwar verfügt sie über Einstellräder oben, hinten und auf der Rückseite, um wichtige Funktionen wie Blende und Verschlusszeit einzustellen. Diese müssen jedoch mit dem Daumen bedient werden, was die Bedienung etwas umständlich macht.
Der vordere Schalter dient zur Steuerung des Zooms bei unterstützten Canon-Objektiven, wie dem neuen 14–30 mm f/4–6,4 IS STM PZ, das gleichzeitig mit dieser Kamera auf den Markt kam. Darüber hinaus gibt es spezielle Live-Stream- und Farb-Tasten für Kreative sowie ein Moduswahlrad mit sechs verschiedenen Videoeinstellungen.
Das Menüsystem ist typisch für Canon und verfügt über farbcodierte Seiten für jede Kategorie (Videoeinstellungen, Autofokus und mehr). Wichtige Einstellungen können jedoch auch über das Schnellmenü (Q) auf dem Touchscreen während des Vloggens angepasst werden. Die Funktionen in diesem Menü können selbstverständlich nach Ihren Wünschen neu programmiert werden.
Die R50 V verfügt über Mikrofon- und Kopfhöreranschlüsse sowie microHDMI- und USB-C-Anschlüsse. Sie verwendet den kleineren EP-17-Akku von Canon, der eine Stunde Videoaufnahmen oder 300 Aufnahmen pro Ladung ermöglicht. Das ist deutlich weniger als bei der ZV-E10 II (113 Minuten bzw. 600 Aufnahmen). Die Kamera hat nur einen SD-Kartensteckplatz, glücklicherweise vom schnelleren UHS-II-Typ. Schließlich gibt es noch eine sehr praktische Funktion für Content-Ersteller: einen seitlichen Stativanschluss, der Solo-Vloggern das Aufnehmen vertikaler Videos erleichtert.
Video
Video und Vlogging sind die Hauptstärken der R50 V im Vergleich zur R50. Sie kann sowohl supersampled 4K-Videos mit 30 fps als auch 4K-Videos mit 60 fps in C-Log3- und 10-Bit-Qualität aufnehmen. Allerdings erfordert die 4K-60-fps-Einstellung einen starken 1,56-fachen Crop, wodurch sich sowohl die Qualität als auch das Bokeh verringern. Die Sony ZV-E10 II benötigt dagegen nur einen 1,1-fachen Crop für 4K-Videos mit 60 fps.
Die R50 V verfügt auch nicht über eine integrierte Bildstabilisierung. Das bedeutet, dass sie ausschließlich auf optische oder elektronische Bildstabilisierung angewiesen ist. Fairerweise muss man sagen, dass dies in dieser Preisklasse zu erwarten ist, denn auch die ZV-E10 II bietet keine integrierte Bildstabilisierung. Das elektronische System leistet gute Arbeit bei der Entfernung von Verwacklungen bei Handheld-Videos und kann sogar Gehbewegungen glätten, wenn Sie versuchen, sich flüssig zu bewegen. Es kann jedoch dazu führen, dass das Bildmaterial weich erscheint, wenn die Bewegungen zu stark sind. Der „Enhanced”-Elektronikmodus, der einen kleinen Crop anwendet, soll Handheld-Aufnahmen so aussehen lassen, als wären sie mit einem Stativ aufgenommen worden.
Im Vergleich zur ZV-E10 II fehlen die Hintergrundunschärfe und die Produktpräsentationstasten. Das ist schade, denn Kreative nutzen diese Funktionen häufig, um schnell auf Objekte zu fokussieren oder den Hintergrund unscharf zu stellen. Ohne diese Funktionen muss man diese Einstellungen manuell vornehmen.
Die Rolling-Shutter-Verzerrung ist bei dieser Kamera mit einer Scanrate von etwa 30 ms im Vergleich zu nur 16 ms bei der ZV-E10 II ziemlich auffällig. Das bedeutet, dass plötzliche Schwenks oder Erschütterungen zu einem sogenannten „Jello-Effekt“ im Video führen können. Der Video-Autofokus ist hingegen schnell und zuverlässig, selbst wenn sich das Motiv bewegt. Die KI-gestützte Gesichts- und Augenerkennung funktioniert sehr gut und kann auch Tiere und Fahrzeuge zuverlässig verfolgen.
Canon hat sich bei der R50V ein Beispiel an Panasonic und Fujifilm genommen und eine Farb-Taste hinzugefügt. Damit können Sie schnell Aufnahmemodi wie Standard BT.709, C-Log, HLG und PQ auswählen. Eine weitere Einstellung bietet filmische Looks mit Modi wie „Portrait“, „Fine Detail“, „Faithful“ und „Monochrome“. Der letzte Modus, „Color Filter“, ermöglicht getönte Videos mit Farbtönen wie Blaugrün und Pfirsich. Allerdings erschienen mir die Ergebnisse etwas kitschig.
Dank des eingebauten Lüfters ist die R50 V widerstandsfähiger gegen Überhitzung als die meisten kleinen Kameras. Bei Standard-4K-Aufnahmen mit 30 fps konnte ich 60 Minuten lang ohne Anzeichen von Überhitzung drehen. Das Problem tritt auch bei 4K 60p nicht auf, da dieser Modus nur einen reduzierten Teil des Sensors nutzt.



Insgesamt ist die Videoqualität eine Stärke, insbesondere im 4K-30-fps-Oversampling-Modus mit scharfen Details. Die Farben sind satt und präzise und die Hauttöne haben einen angenehmen, warmen Schimmer, für den Canon bekannt ist. Das 10-Bit-C-Log3-Filmmaterial behält zusätzliche Details in den Schatten- und Lichterbereichen bei und bietet für eine so preiswerte Kamera einen hervorragenden Dynamikumfang. Allerdings sind 4K-Videos mit 60p deutlich weicher und die Ultra-Zeitlupeneinstellung mit 1080p und 120 fps ist selbst für HD-Verhältnisse nicht scharf genug. Die Low-Light-Fähigkeiten sind für eine APS-C-Kamera durchschnittlich. Ab ISO 3.200 oder 6.400 wird Bildrauschen jedoch deutlich sichtbar. Ab diesen ISO-Werten wird es störend und lässt sich mit Rauschunterdrückungswerkzeugen nur schwer beseitigen.
Fotografie
Obwohl die Fotografie nicht der Hauptzweck dieser Kamera ist, schneidet die R50 V in dieser Hinsicht ordentlich ab. Für eine kleine Kamera kann sie mit einer Serienbildgeschwindigkeit von 15 fps mit elektronischem Verschluss oder 12 fps mit mechanischem Verschluss recht schnell fotografieren. Allerdings kann sie diese Geschwindigkeiten aufgrund des kleinen Puffers, der nur 36 RAW-Bilder fasst, nicht sehr lange aufrechterhalten.
Der Autofokus ist erneut eine Stärke: Er verfolgt Motive mühelos und sorgt für scharfe Fotos. Wie bei Videos ist die KI-gestützte Gesichts- und Augenerkennung für Menschen, Tiere und Fahrzeuge schnell und zuverlässig. Der Rolling-Shutter-Effekt ist bei Fotos ebenso ein Problem wie bei Videos. Da die R50 V jedoch über einen mechanischen Verschluss mit erster Vorhang verfügt, benötigen Sie den elektronischen Modus für Fotos nur, wenn es auf Geräuschlosigkeit ankommt. Da die Kamera über keine Bildstabilisierung im Gehäuse verfügt, benötigen Sie eine ruhige Hand, um bei langen Verschlusszeiten scharfe Aufnahmen zu machen. Alternativ können Sie sich Objektive mit optischer Stabilisierung zulegen.
Die Fotoqualität ist identisch mit der der R50, da beide Kameras über denselben Sensor verfügen. Bei normalen Aufnahmen habe ich farbgenaue Fotos mit Hauttönen gesehen, die wie bei Canon üblich eher warm sind. JPEGs bieten eine gute Balance zwischen Schärfe und Rauschunterdrückung, während RAW-Dateien viel Spielraum für die Bildbearbeitung lassen. Wie bei Videos ist die Leistung bei schlechten Lichtverhältnissen nicht besonders gut. Daher würde ich ISO 6.400 nicht überschreiten, es sei denn, es ist zu dunkel, um anders zu filmen.
Fazit:

Die Canon R50 V ist ein ziemlich guter erster Versuch für eine Vlogging-Kamera und überzeugt in wichtigen Bereichen wie Videoqualität und Benutzerfreundlichkeit. Allerdings schlägt die Sony ZV-E10 II sie in fast allen Bereichen, bietet eine noch bessere Videoqualität, eine höhere Fotoauflösung, einen schnelleren Autofokus, eine sanftere elektronische Stabilisierung und praktische Funktionen, die der R50 V fehlen, wie beispielsweise die Produktpräsentation.
Canon richtet sich mit der R50 V, die nur 700 US-Dollar (nur Gehäuse) kostet, allerdings an preisbewusste Käufer. Vlogger, die dieses Budget nicht überschreiten können, erhalten mit der R50 V dennoch eine großartige Kamera, die in puncto Endprodukt ein Smartphone mühelos übertrifft. Wenn Sie jedoch 400 US-Dollar mehr ausgeben können, würde ich die ZV-E10 II empfehlen.