Seit der Abspaltung vom ehemaligen Mutterkonzern Huawei hat Honor den einen oder anderen Fuß in die Welt der Flaggschiff-Handys gesetzt – aber auch dafür gesorgt, dass die Wurzeln im günstigeren Segment nicht in Vergessenheit geraten. Das Honor Magic 5 Lite ist das neueste Mittelklassemodell, das sich beim Design an den Topmodellen des letzten Jahres orientiert und bei der Akkulaufzeit nicht geizt.
Das Datenblatt wurde hier und da etwas aufpoliert, wie bei allen Handys mit einem vernünftigen Preis.
Design und Verarbeitung: schlanke Gene
Auf den ersten Blick könnte man das Magic 5 Lite mit dem letztjährigen Magic 4 Pro verwechseln – was angesichts des etwa dreifachen Preises durchaus als Kompliment zu verstehen ist. Beide haben Displays mit abgerundeten Kanten, superdünne Rahmen und Rückseiten aus gehärtetem Glas mit einem großen runden Modul, das die jeweiligen Kamerasensoren enthält.
Der polierte Mittelrahmen ist hier aus Polycarbonat und nicht aus Metall, fühlt sich aber robust genug an – und trägt auch zur Gewichtsreduzierung bei. Mit 175 Gramm ist es ein erfreulich leichtes Telefon, ohne zu sehr in den Spielzeugbereich abzugleiten. Durch die abgeschrägten Kanten liegt es gut in der Hand und die Krümmung des Displays ist nicht so extrem wie bei einigen teureren Konkurrenzprodukten, so dass die nutzbare Touchscreen-Fläche nicht beeinträchtigt wird.
Die matte Oberfläche unseres Testgeräts in Titanium Silver verdeckt Fingerabdrücke sehr gut, und der Perlglanzeffekt ist sehr angenehm fürs Auge. Wer lieber inkognito bleiben möchte, ist mit Emerald Green und Midnight Black besser beraten. Der Dual-SIM-Kartensteckplatz ist mit einer Gummidichtung versehen, aber da es keine offizielle IP-Schutzklasse gibt, ist nicht garantiert, dass sie den Elementen standhält. Dies ist ein kleiner Wermutstropfen, da mehrere Konkurrenten in der näheren Umgebung unterschiedlich gut gegen Wasser und Staub geschützt sind.
Bildschirm und Sound: die Hauptattraktion
Mit einer Bildschirmdiagonale von 16,87 cm und einer hohen Bildwiederholfrequenz von 120 Hz ist das Display des Magic 5 Lite wesentlich attraktiver als das des ähnlich teuren Pixel 6a. Beide haben die gleiche Auflösung von 2400×1080 und verwenden die OLED-Technologie, aber Googles Angebot kommt mit einem kleineren 60-Hz-Panel aus. Der Unterschied ist dramatisch, denn die Touch-Eingaben sind reaktionsschneller und das Scrollen fühlt sich seidenweich an. Ein dynamischer Umschaltmodus wechselt zwischen 60 und 120 Hz, um Strom zu sparen, aber einige Anwendungen lösen diesen Sprung nicht aus, so dass Sie ihn stattdessen dauerhaft erzwingen können, um ein durchgehend flüssiges Erlebnis zu erhalten.
Die nach links und rechts geschwungenen Ränder verleihen dem Telefon ein beeindruckendes Verhältnis von Bildschirm zu Körper von 93 %, was nicht viel Platz für Finger und Daumen lässt. Gut, dass die intelligente Berührungserkennung ziemlich genau ist und versehentliche Wisch- und Tippbewegungen verhindert.
Das Display sieht angemessen hochwertig aus, mit Farben, die wirklich knallen, dem epischen Kontrast und den tiefen Tintenschwarztönen, die bei guten OLED-Panels selbstverständlich sind. Auch die Betrachtungswinkel sind hervorragend. Über die Einstellungsmenüs kann man die kräftigen Farbtöne etwas zurücknehmen oder die Farbtemperatur über ein umfangreiches Farbrad anpassen.
Die Helligkeit ist nicht führend in ihrer Klasse, aber sie kann bei direkter Sonneneinstrahlung erhöht werden, so dass Sie auch bei sonnigstem Sommerwetter alles klar erkennen können. Die 1920-Hz-PWM-Dimmung reduziert auch das Bildschirmflimmern, wenn die Helligkeit reduziert wird.
Der Ton wird von einem nach unten gerichteten Haupttreiber und einem Hochtöner im Ohrhörer erzeugt, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf ersterem liegt. Der Klang ist klar genug für ein Mittelklassegerät, die Lautstärke reicht aus, um Podcasts zu hören oder YouTube-Kochanleitungen in der Küche zu folgen, aber für Musik sollte man Kopfhörer verwenden. Es gibt keine wirkliche Bass-Präsenz, so dass die meisten Genres etwas hohl klingen.
Kameras: Drei sind eine zu viel
Das Magic 5 Lite ist zwar mit drei Rückkameras ausgestattet, aber nur der Hauptsensor mit 64 Megapixeln ist wirklich der Rede wert. Die sekundäre Ultraweitwinkelkamera kommt mit nur 5 Megapixeln aus, und das 2-Megapixel-Makroobjektiv ist eine Alibifunktion, die im Menü der Aufnahmemodi versteckt ist und wohl kaum zum Einsatz kommen wird.
Bei Tageslicht macht die Kamera recht gut belichtete und farbenfrohe Fotos, wobei sie sich eher an realistischeren Farbtönen orientiert als ihre Konkurrenten, die eine lebendigere und optisch ansprechendere Bearbeitung bevorzugen. Allerdings ist die Detailtreue angesichts der Pixelzahl nicht allzu beeindruckend. Bei Porträts und Nahaufnahmen schneidet es besser ab als bei Landschaften und weiter entfernten Motiven, und die Schärfe hält sich zumindest in Grenzen. Der Hi-Res-Modus macht einen besseren Job, aber das Bildrauschen ist immer noch sichtbar, sobald man auf die Pixel schaut.
Die Leistung bei schlechten Lichtverhältnissen ist nicht besonders spektakulär, mit ziemlich weichen Bildern und noch mehr Rauschen. Der Autofokus ist nicht besonders schnell und man braucht eine sehr ruhige Hand, um den speziellen Nachtmodus zu verwenden: Der Verschluss ist für mehrere Sekunden geöffnet und braucht dann noch ein paar Sekunden, um das Ergebnis zu verarbeiten. Die Bilder sind detailreicher und die Farben realistischer, aber nicht dramatisch.
Das Ultraweitwinkelobjektiv erfasst mehr von jeder Szene, hat aber Probleme mit feinen Details und kann nicht so viel Dynamikumfang erfassen wie der Hauptsensor. Die Farbverarbeitung ist weitgehend gleich, aber auch hier ist viel sichtbares Rauschen zu sehen.
Da das Google Pixel 6a zu einem ähnlichen Preis erhältlich ist, sind preisbewusste Fotografinnen und Fotografen mit Sicherheit woanders besser aufgehoben.
Leistung und Software: eher Mittelklasse
Abgesehen von den sekundären Schnappschüssen ist die Wahl des Prozessors durch Honor der größte Indikator dafür, dass es sich beim Magic 5 Lite um ein Mittelklasse-Handy handelt. Der Snapdragon 695 ist mit seinen acht Kernen und integriertem 5G kein Schwächling, liegt aber einige Stufen unter dem Flaggschiff-Silizium von Qualcomm. Beim Surfen im Internet oder beim Scrollen durch die Social-Media-Feeds merkt man das vielleicht nicht, aber anspruchsvollere Apps brauchen etwas länger zum Laden und bei Spielen muss man standardmäßig moderatere Grafikeinstellungen wählen.
Android reagiert jedoch ausreichend schnell, ohne Ruckeln oder Verlangsamung beim Wischen zwischen den Startbildschirmen. Das liegt zum Teil daran, dass Honor einen Teil des integrierten Speichers von 128 GB als zusätzlichen Speicher nutzt, um die 6 GB RAM zu ergänzen. Auf diese Weise können viele Apps geöffnet bleiben, ohne dass sie bei jedem Wechsel zwischen ihnen neu geladen werden müssen.
Die meisten Spiele, die wir getestet haben, liefen flüssig, wenn auch mit weniger Details als auf teurerer Hardware. Das bedeutet, dass es schwierig sein wird, die 120 Hz Bildwiederholrate voll auszunutzen, von der anspruchsvollere 3D-Titel profitieren würden. Weniger intensive 2D-Spiele laufen problemlos, aber wettbewerbsorientierte Spieler sollten ihr Budget vielleicht etwas aufstocken.
Dies wird eines der letzten Honor-Handys sein, die mit MagicUI 6.1 ab Werk auf den Markt kommen – was unserer Meinung nach definitiv eine gute Sache ist. Es läuft auf Android 12 und nicht auf dem neueren Android 13 und hat ein paar zu viele Altlasten aus der Zeit, als Huawei noch das Sagen bei der Software hatte. Es gibt etwas vorinstallierte Software und mehrere Honor-Apps, die einfach die von Google duplizieren. Immerhin ist die Benutzeroberfläche einfach zu bedienen, die Navigationskürzel und Einstellungen sind alle an ihrem gewohnten Platz.
Ein Update auf Android 13 wird für Juli erwartet und das Unternehmen verspricht drei Jahre lang Software-Updates und Sicherheitspatches. Das ist für ein Mittelklassehandy angemessen, aber immer noch einen Schritt hinter der Konkurrenz.
Akkulaufzeit: läuft und läuft
Angesichts der geringen Abmessungen mag es überraschen, dass das Honor Magic 5 Lite Platz für einen Akku mit 5100 mAh bietet. Dieser ist größer als der Akku des Samsung Galaxy S23 Ultra, das viermal so teuer ist. In Kombination mit einem Mittelklasse-Prozessor, der nicht besonders stromhungrig ist, bietet dieses Telefon eine beeindruckende Akkulaufzeit ohne Netzstrom.
Nachdem wir eine YouTube-Playlist gestartet hatten, konnten wir fast 20 Stunden Videowiedergabe sehen – nicht ganz so viel wie die von Honor angegebenen 24 Stunden, aber immer noch besser als bei vielen Konkurrenten der Spitzenklasse. Mit einer eher typischen Nutzung hatten wir keine Probleme, einen ganzen Tag durchzuhalten, trotz einer Mischung aus Social-Media-Scrolling, Musik-Streaming, Telefonieren und regelmäßigem Auspacken der Kamera. Es gibt den üblichen Energiesparmodus, aber wir mussten ihn nicht nutzen, um bis zum nächsten Morgen durchzuhalten, ohne nach einem Netzteil greifen zu müssen. Wenn man sich an die Grundregeln hält, sollte das Gerät ein Wochenende durchhalten, bevor es zusätzlichen Saft braucht.
Wenn es Zeit ist, den Akku wieder aufzuladen, kann das Telefon 40 W über USB-C aufnehmen. Das ist weit entfernt von den maximal 100 W des Honor Magic 4 Pro, aber immer noch genug, um 50 % in weniger als einer halben Stunde zu erreichen. Für ein Mittelklasse-Handy ist das auch schnell, denn die meisten Konkurrenzprodukte schaffen nur 20 oder 30 W.
Kabelloses Laden ist nicht möglich, was angesichts des Preises nicht allzu überraschend ist. Das ist kein K.O.-Kriterium, bedeutet aber, dass man den Ersatzakku des Magic 5 Lite nicht zum Aufladen anderer technischer Geräte verwenden kann. Das Nothing Phone 1 bleibt die einzige Wahl, wenn man ein Mittelklassegerät sucht, das kabellos aufgeladen werden kann.
Urteil zum Honor Magic 5 Lite
Wenn ein gutes Aussehen und ein schönes Display ganz oben auf der Wunschliste für ein Smartphone stehen, wird Ihnen das Honor Magic 5 Lite sicherlich gefallen. Es hat ein Design, das viele teurere Handys in den Schatten stellt, und die Verarbeitung ist entsprechend gut. Zusammen mit dem leistungsstarken Akku und der ordentlichen (wenn auch nicht spektakulären) Hauptkamera bekommt man viel fürs Geld.
Die sekundären Schnappschüsse bieten jedoch keinen großen Mehrwert. Das Pixel 6a bleibt unsere preisgünstigste Wahl für Fotografinnen und Fotografen, und Honor kann nicht mit den fünf Jahren an Updates und Sicherheitspatches von Google mithalten. Auch die Leistung ist nur mittelmäßig: Mobile Gamer, die hohe Bildraten benötigen, sind mit dem Nothing Phone 1 besser bedient.
Wer aber mehr Zeit mit Chrome als mit Call of Duty verbringt und möglichst lange zwischen zwei Steckdosenbesuchen auskommen will, könnte mit dem Nothing Phone 1 trotzdem gewinnen.